Häufige Patientenfragen

Ultraschallgeräte zur Zahnsteinentfernung bei Krebspatienten

Dürfen Ultraschallgeräte für die Zahnsteinentfernung bei Krebspatienten angewendet werden? Was ist dabei zu beachten?

Antwort: Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist nicht bekannt, dass es eine Gegenanzeige gibt, Ultraschallgeräte bei Tumorpatienten anzuwenden, insbesondere dann, wenn sie eine Chemo- oder Strahlentherapie bekommen. Richtig ist allerdings, dass je nach Situation insbesondere unter der Chemotherapie höchste Vorsicht geboten ist, da die Blutgerinnung stark beeinträchtigt sein kann und eigentlich die Prophylaxebehandlungen immer deutlich vor einer Chemotherapie abgeschlossen sein sollten. Richtig ist auch, dass man sowohl bei laufender Chemo- oder Strahlentherapie diese Prophylaxeanwendungen immer nur sehr umsichtig zu handhaben hat, um mögliche Reize und Infektionen zu vermeiden, die durch die Reinigungsmaßnahme selbst bei unsachgemäßem Vorgehen in das Weichgewebe übertragen werden könnten.

Dass die Knochenstruktur durch diese Ultraschallgeräteanwendung selbst gestört oder geschädigt werden kann ist nicht bekannt. Es könnte aber eine andere Kausalität bestehen, nämlich dass über eine unsachgemäße Zahnreinigung - unabhängig von den verwendeten Instrumenten - mit nachfolgender Entzündung der Gingiva und Zahnfleischtaschen eine Infektion auch in den Knochen hineingetragen werden kann, die dann durchaus zu Schädigungen des Knochens führen könnte. Eine direkte Beeinflussung des Knochens durch Ultraschallgeräte bei diesem Vorgehen ist eher nicht anzunehmen.

Vor einer Prophylaxebehandlung bei Patienten unter laufender Chemo- oder Strahlentherapie ist abzuklären, ob eine Antibiotikatherapie - nicht nur eine Einmalgabe! - notwendig ist. Dies muss zwischen dem behandelnden Zahnarzt und Onkologen abgesprochen werden, wobei ein wichtiger Punkt auch insbesondere unter laufender Chemotherapie die aktuellen Laborwerte sind.


Univ.-Prof. Dr. G. Wahl
Direktor der Poliklinik für
Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Welschnonnenstraße 17
G-53111 Bonn
Tel.: ++49 228 287 -22409
Fax.: ++49 228 287 - 22653
E-Mail: Gerhard.Wahl(at)ukb.uni-bonn.de

Zahnpflege bei Kindern mit Morbus Down Syndrom

Welche Besonderheiten in der Zahnpflege gelten für Kinder mit Morbus Down Syndrom?

Antwort: Patienten mit Down-Syndrom, ähnlich Patienten mit anderen Einschränkungen, weisen mehr Karies auf als nicht-behinderte Patienten.
Als Ursache hierfür kommt zum einen die Störung bei der Mineralaufnahme zum Tragen, was während der Zahnentwicklung zu Zahnstruktur-Anomalien führen kann. Zum anderen ist bei Behinderungen teilweise die Mundhygiene erschwert, und bei einigen Fällen gerät die eigentlich gut mögliche Mundhygiene aufgrund anderer drückender Probleme in den Hintergrund.

Bei einem 5-jährigen Kind ist die Kronenbildung zu einem großen Teil bereits abgeschlossen, so dass ein Effekt durch systemische Fluoridierungsmaßnahmen nicht erreicht werden kann. Zudem kann das Risiko von Strukturanomalien nicht durch systemische Gabe von Fluorid positiv beeinflusst werden, da in diesen Fällen eine Störung des Ca-/P-Stoffwechsels vorliegt, nicht jedoch eine zu geringe Fluoridpräsenz. Für eine normal ablaufende Zahnentwicklung ist ausreichend Fluorid vorhanden. Im Gegenteil kann durch zuviel Fluorid während der Zahnentwicklung wiederum ein Hartsubstanzschaden, die Fluorose, entstehen. Schließlich werden bei Morbus Down-Kindern größere Abweichungen der Zahnentwicklung (gemeint sind nicht mehr Strukturanomalien, sondern Abweichungen bzgl. der Zahnanzahl oder -form) direkt mit den Abweichungen im Genom in Verbindung gebracht und wären damit in keiner Weise zu beeinflussen.

Da das Kind in Übereinstimmung mit unseren Empfehlungen (siehe auch Fluorid-Leitlinien unter www.zzq-berlin.de) Fluorid "systemisch" als Kochsalz (eigentlich ist der Effekt auch hierbei lokal, während der Nahrungsaufnahme) und lokal (über die Zahnpaste) erhält, soll keine weitere systemische Maßnahme durchgeführt werden. Dies gilt umso mehr, als dass wir heute wissen, dass Fluorid in dem Augenblick Karies hemmend wirkt, in dem es an der Grenzfläche zum Zahn frei verfügbar vorliegt.

Dann fördert Fluorid das an der Zahnoberfläche herrschende Gleichgewicht zwischen De- und Remineralisation zugunsten der Remineralisation.
Zugleich kann an der Zahnoberfläche ein Fluoriddepot aufgebaut werden. Diese Effekte sind jedoch nur nach lokaler Fluoridgabe und nicht nach systemischer Aufnahme zu erzielen.

Da eine Beeinträchtigung der Zahnstruktur durch eine mit der Behinderung einhergehende Störung des Mineralhaushaltes nicht ausgeschlossen werden kann, kommt der lokalen Fluoridanwendung (neben der Mundhygiene) besondere Bedeutung zu. Hierzu können Sie als betreuender Zahnarzt mit regelmäßigen (2 - 4mal jährlich) Fluoridlackapplikationen viel beitragen. Sofern das Kind gezielt ausspucken kann (in der Regel mit 6 Jahren, dies ist bei Behinderungen jedoch individuell zu beurteilen), kann zuhause neben der fluoridhaltigen Erwachsenenzahnpaste auch einmal wöchentlich ein Fluoridgelee angewendet werden. Von Spüllösungen ist wegen der möglichen Gefahr unbeabsichtigten Herunterschluckens größerer Mengen jedoch abzusehen.

Zusammenfassend: Bei einem Kind mit Morbus Down-Syndrom sollte zusätzlich zur Speisesalzfluoridierung und der bisherigen lokalen Fluoridanwendung keine weitere systemische Fluoridgabe mit Fluoridtabletten erfolgen. Zusätzliche Maßnahmen sind neben der sorgfältigen Mundhygiene durch die Eltern die erwähnten im Hause und/oder in der Praxis durchgeführten lokalen Fluoridierungsmaßnahmen mit höher konzentrierten Fluoridpräparaten.

Schwarze Zahnverfärbungen bei Kindern

Mein Sohn, 6 Jahre alt, hat seit 2 Jahren schwarze Verfärbungen unterhalb des Zahnfleisches. Diese lassen sich nicht durch normales Putzen entfernen, sondern durch spezielles Pollieren durch den Zahnarzt. Nach vier Monaten beginnen die Verfärbungen aber wieder. Was ist die Ursache und was kann man dagegen tun?


Antwort:
Bei den Verfärbungen handelt es sich um sog. "schwarze Beläge" ("black stain"), die bei ca. 4% der Kinder in unterschiedlicher Ausprägung vorkommen. Es handelt sich um Farbstoffablagerungen auf den Zähnen, die dem Zahnfleischsaum girlandenförmig folgen. Ihre Entstehung ist nicht vollständig geklärt. Fest steht, dass es sich um Eisensulfid handelt, das als Reaktionsprodukt von Speichelbestandteilen (Eisen) und bakteriellen Stoffwechselprodukten (Schwefelverbindungen) entsteht. Diese werden in bestimmten Bakterienarten gebildet, die nur wenige Menschen haben.

Sowohl die Bakterien als auch die Beläge sind harmlos, es stört jedoch die Farbe. Die Beläge sind in der Tat nur professionell, also durch den Zahnarzt und sein Team, zu entfernen, und nach einiger Zeit sind sie wieder da. Gründliches Zähneputzen verlangsamt das Wiedererscheinen der farbigen Beläge, kann es jedoch nicht verhindern. Problematisch ist, dass die Mitmenschen meinen, die Zähne wären schlecht geputzt oder kariös, dabei ist das Gegenteil der Fall. Dies kann gerade unter Kindern eine Härte sein.

Letztlich bleibt daher nur die professionelle Entfernung. Vielleicht kann es etwas trösten, dass die betroffenen Kinder meist wenig Karies haben (weil so gut geputzt wird), und dass die Verfärbungen in der Regel nach der Pubertät verschwinden (warum ist nicht bekannt). Wenn die Beläge alle 3 bis 4 Monate entfernt werden, nimmt der Zahnschmelz hierdurch keinen Schaden.

Mundgeruch: Ursache und Therapie

Mein Freund beklagt sich öfter darüber, daß ich Mundgeruch habe. Was kann ich dagegen unternehmen? Muß ich zum Arzt oder zum Zahnarzt gehen?

ANTWORT:
Ungefähr 25% der Bevölkerung leidet unter Mundgeruch. Die chemischen Verbindungen, welche man heute in der Regel dafür verantwortlich macht, sind flüchtige Schwefelverbindungen (z.B. Methylmercaptane und Hydrogensulfide), aber auch andere Substanzen, wie z.B. Alkohol. Insgesamt gibt es erstaunlich wenig systematische Untersuchungen über den Mundgeruch, was wahrscheinlich hauptsächlich mit den Problemen bei der Messung und Analyse des Mundgeruchs zusammenhängt. In den letzten fünf Jahren haben sich jedoch vermehrt Workshops mit diesem Thema beschäftigt.

Mundgeruch hat eine Reihe unterschiedlichster Ursachen, die man in lokale (d.h. auf den Mund-Rachenraum bezogene) und systemische (d.h. durch Allgemeinerkrankungen hervorgerufen) unterteilen kann. Lokale Ursachen können zunächst Nahrungsreste oder zu geringe Speichelproduktion während der Nacht sein, die sich am Morgen als Mundgeruch manifestieren. In den meisten Fällen ist Mundgeruch jedoch das Ergebnis bakterieller Tätigkeit in den Belägen. Somit ist unzureichende Zahnpflege an erster Stelle als Ursache zu nennen. Auch einige Zahnfleischerkrankungen, insbesondere die nekrotisierenden Formen, sowie andere Infektionen der Mundhöhle können zu Mundgeruch führen.

Außerdem führen spezielle Speisen, wie z.B. Knoblauch, Zwiebel und Zibetfrüchte, aber auch Tabak und Alkohol zu Mundgeruch.

Eine weitere Ursache sind die Erkrankungen des Nasen-Rachenraumes, wie z.B. die Sinusitis, Tonsillitis, Pharyngitis, Rhinitis, aber auch schwerere Erkrankungen, wie z.B. das bronchiogene Karzinom.

Allgemeine Erkrankungen, die mit Mundgeruch einhergehen, sind vor allem schlecht eingestellter Diabetes, schweres Nierenversagen, Leberzirrhose und einige angeborene Stoffwechselstörungen. Auch das Vorhandensein von Helicobacter pylori sowie Hunger und bestimmte Phasen des Menstruationszyklus werden von manchen Autoren als Ursache bezeichnet.

Bei der Therapie muß zunächst abgeklärt werden, inwieweit eine Allgemeinerkrankung vorliegt, die zum Mundgeruch führt. Falls dies ausgeschlossen werden kann, sollte zunächst auf gute Mundhygiene Wert gelegt werden. Unterstützend dazu kann mit entsprechenden Mundwässern gespült werden (z.B. mit Chlorhexidin-Lösungen). Manche Autoren empfehlen das Bürsten der Zungenoberfläche, um hier den Bakterienbesatz und die Beläge zu reduzieren. Auch Triclosan kann Mundgeruch reduzieren. Schließlich wird eine regelmäßige Nahrungseinnahme empfohlen.

Prof. Dr. G. Schmalz

Röntgenschutz

Als Patient möchte ich gerne wissen, ob mein Zahnarzt verpflichtet ist, mir beim Röntgen eine Bleischürze umzuhängen. Mein Zahnarzt tut dies nicht, er meint es sei nicht nötig, da er digital röntgt.

ANTWORT:
Diesbezüglich muss auf den § 25 RöV "Anwendungsgrundsätze" hingewiesen werden, der besagt, dass die durch eine Röntgenuntersuchung bedingte Strahlenexposition soweit einzuschränken ist, wie dies mit den Erfordernissen der medizinischen Wissenschaft zu vereinbaren ist. Körperbereiche, die bei der vorgesehenen Anwendung nicht von der Nutzstrahlung getroffen werden müssen, sind vor einer Strahlenexposition soweit wie möglich zu schützen.

Wir sind der Meinung, dass auch bei Anwendung der digitalen Radiographie ein Strahlenschutz in Form einer Strahlenschutzschürze mit einem Mindestbleigleichwert von 0,4 mm oder Patientenschutzschilder mit einem Bleichgleichwert von 0,5 mm zu verwenden sind. Durch die digitale Radiographie tritt zwar eine Strahlenreduktion ein, gleichwohl haben geringe Dosen keinen Schwellenwert und auch bei der digitalen Radiographie ist die Nutzstrahlung, je nach Einstelltechnik, auf den Körper gerichtet.

Strahlenschutz beim digitalen Röntgen

Wie verhält es sich beim Röntgen beim Zahnarzt mit dem Strahlenschutz? Ist beim digitalen Röntgen (z. B. OPG) gar kein Strahlenschutz mehr nötig?

ANTWORT: Nach den geltenden Gesetzen und Verordnungen ist die nicht für die Bildgebung erforderliche Streustrahlung soweit als möglich abzuschirmen. Siehe dazu bitte unsere einschlägigen Hinweise auf http://www.dgzmk.de/patienten/faqs/roentgenschutz.html. An diesen hat sich nichts geändert.

 

Röntgenstrahlung ist eine ionisierende Strahlung und kann deshalb - rein theoretisch - folgende Schäden verursachen:
 

• eterministische Schäden

Dies bedeutet: Wer geröntgt wird, bekommt automatisch den entsprechenden Schaden, weil ein Grenzwert überschritten worden ist. Kommt in der Zahnmedizin nicht vor, weil Leistung zu gering. Beispiel aus dem Leben: 8 Stunden in der Sonne auf Mallorca frisch aus dem Flieger führt zwangsweise zu Sonnenbrand, weil Schutzdauer des Sonnenschutzmittels überschritten. Also ein deterministischer Strahlenschaden (zwangsweise!). Deterministische Strahlenschäden gibt es bei zahnmedizinischen Untersuchungen nicht.
 

• stochastische Schäden

Dies bedeutet: In einer großen Menge geröntgter Patienten bekommt einer was ab, das geht aber nach Millionen. In der Zahnmedizin wäre das etwa einer auf zehn Millionen Untersuchungen, vielleicht etwas weniger, vielleicht etwas mehr. Aber man wird nie beweisen können, dass die Untersuchung daran schuld war. Genau so gut könnte es sein - und da sind wir wieder bei dem Flugvergleich -, dass der Patient während eines längeren Fluges mal in einem Gebiet mit extrem hoher Strahlung durchgeflogen ist, das gibt es z.B. vor Südamerika. Und um beim Beispiel zu bleiben: Von zehn Fliegern nach Mallorca à 150 Insassen bekommen 100 Durchfall vom Buffet, aber man kann nicht sagen, welche. Das ist ein stochastischer Schaden. Stochastische Strahlenschäden in der Zahnmedizin sind im Prinzip zu vernachlässigen, weil andere Lebensrisiken (siehe Flug) die Bestimmung ihrer Häufigkeit unmöglich machen.
 

Trotzdem stehen wir und der Gesetzgeber auf dem Standpunkt, dass aus Gründen der allgemeinen Verständlichkeit und Gewohnheit ein Strahlenschutz anzuwenden ist - ein Risiko entsteht durch das Vergessen nach allerbestem Wissen nicht, weil im Leben weit größere Risiken bestehen.

Elektroakupunktur nach Voll

Mein Zahnarzt hat mir vorgeschlagen, mich mit Elektroakupunktur und VEGA-Test zu untersuchen. Als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse soll ich das selbst bezahlen. Natürlich ist mir meine Gesundheit etwas wert. Aber wie sinnvoll sind diese Methoden? Er gibt selbst zu, daß sie nicht von der sog. Schulmedizin gelehrt würden.

ANTWORT:
1. Elektroakupunktur nach VOLL [EAV]
Der Arzt VOLL wollte, keineswegs als erster, die Akupunktur der traditionellen chinesischen Medizin kombinieren mit moderner Elektrotechnik.
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) basiert auf der im Taoismus wurzelnden Vorstellung, daß der gesamte Kosmos durch die polaren, einander bedingenden Energien Yin und Yang beherrscht wird, aus deren Wechselwirkung die Lebensenergie Chi resultiert. Ordnung, ob im Kosmos oder in einem Organismus wie dem menschlichen Körper, erfordert das harmonische Zusammenwirken dieser beiden, mit diametralen Begriffen (wie Erde/Himmel; Nacht/Tag; passiv/aktiv) gekennzeichneten Energien. Die Phänomene des Kosmos wurden nach einem typologischen Schema geordnet, dessen 5 Elemente die als Wandlungsphasen bezeichneten Begriffe Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser sind. Diese Wandlungsphasen stehen sowohl in förderlichen (Holz - Feuer) als auch in hemmenden (Feuer - Wasser) Beziehungen zueinander.

Auch der Mensch und seine Organe wurden diesen Kategorien und ihrer Zahlenmystik zugeordnet. Zwischen den einzelnen Organen wurden weitreichende energetische Wechselbeziehungen angenommen, die auf dem Fließen der Lebensenergie Chi durch verschiedene Verbindungskanäle zwischen den Organen beruht. Krankheit wurde als eine Störung des Gleichgewichtes zwischen Yin und Yang interpretiert, hervorgerufen durch eine Beeinträchtigung des Energieflusses. Eine der Möglichkeiten, aber keineswegs die wichtigste, eine solche Fließhemmung zu beheben, war das Einstechen von Nadeln in die Kanäle an entsprechenden, organspezifischen Punkten der Haut. Die graphische Darstellung dieser Kanäle mit ihren Zugangspunkten erinnerte die ersten damit konfrontierten Europäer an die Meridiane auf Landkarten, wovon sich die heutige Bezeichnung der Akupunkturmeridiane ableitet.

Die Zuordnung der Organe und ihrer Funktionen zu dem Meridiansystem folgte dem erwähnten typologischen Schema und widerspricht damit z.T. drastisch den heutigen Kenntnissen der anatomischen Strukturen und physiologischen Zusammenhänge. Angesichts dieser Tatsache ist das Festhalten an diesen aus vorwissenschaftlicher Zeit stammenden Zuordnungen nicht nachzuvollziehen. Das Unbehagen selbst der Anwender an dieser Situation wird deutlich an den inzwischen zahlreichen Lehrvarianten bezüglich Zahl, Lage bzw. Verlauf der Meridiane und Akupunkturpunkte. Entsprechend fehlt bis heute ein anatomisches Substrat für die Meridiane.

Ob den Akupunkturpunkten eine anatomische Besonderheit zukommt, ist umstritten. Es hat sich allerdings gezeigt, daß der größte Teil der Muskel-Triggerpunkte mit Akupunkturpunkten zusammenfällt. Zudem kennt auch die wissenschaftliche Medizin mit den HEAD´schen Zonen sowie beim Bindegewebe Zusammenhänge zwischen Außenhaut und inneren Organen.
Mit der Akupunktur gibt es wissenschaftlich anerkannte Erfolge, insbesondere bei der Schmerzbehandlung. Wie die Wirkung erklärt werden kann, ist noch offen; in der Diskussion ist, daß die Nadelung die sog. Schmerzpforte im Stammhirn verschließt und damit -so nach dieser gate-control-Theorie- nachfolgende Schmerzimpulse blockiert. Denkbar ist auch, daß der Nadelreiz die Ausschüttung schmerzlindernde Endorphine provoziert. Nachweislich kann die Akupunktur Muskelspannungen reduzieren und die Durchblutung fördern.

1.1 EAV-Diagnose und EAV-Therapie
VOLL wollte die Lebensenergie Chi an den Akupunkturpunkten entlang der Meridiane zu diagnostischen Zwecken elektrisch nachweisen, aber auch therapeutisch, durch elektrische Reize, stimulieren. Das 1971 nach seinen Vorstellungen dafür konzipierte Gerät vereint, wie auch alle nachfolgenden Gerätegenerationen, einen diagnostischen und einen therapeutischen Teil. Der diagnostische Teil ist im Prinzip ein Widerstandsmeßgerät, dessen Anzeige willkürlich und ohne Benennung einer physikalischen Einheit die Werte von 0 - 100 in äquidistanter Skalierung umfaßt. Dabei wir dem Wert 0 ein unendlich hoher und dem Wert 100 ein sehr kleiner Widerstand zugeordnet. Der therapeutische Teil enthält eine regelbare Wechselspannungsquelle, die die Applikation von niedrigfrequenten Impulsen geringer Spannung ermöglicht, womit ein gestörtes Energiegleichgewicht behoben werden soll.

Die Elektroakupunktur mißt mit dem Diagnosegerät im wesentlichen den reziproken elektrischen Widerstand, also den Körperleitwert des Patienten, indem der Patient über zwei Elektroden in einen Stromkreis des Gerätes einbezogen wird (Abbildung), entweder mit einer Kombination von großflächigen Hand- und/oder Fußelektroden zur Überprüfung der oberen, unteren, rechten bzw. linken Körperhälfte (Grundableitung; Ganzkörperuntersuchung) oder speziell unter Nutzung einer spitzauslaufenden Elektrode für die eigentliche Akupunktur (Punktmessung). Den Meßwerten, vor allem auch einem eventuellen Abfall des Wertes bei anhaltendem Kontakt (Zeigerabfall) wird eine diagnostische Bedeutung zugeschrieben, die dann -entsprechend dem mit der Sonde gewählten Akupunkturpunkt- eine Aussage zum Gesundheitszustand des diesem Punkt zugeordneten Organs liefern soll.

Ob und in wie weit die Vorstellung von organspezifischen Referenzpunkten einerseits und der Interpretation des elektrischen Körperleitwertes für Diagnosezwecke andererseits aus medizinischer Sicht vernünftig sind, sei hier dahingestellt und dem Urteil Kompetenterer in der Medizin überlassen, zumal das Wissen um den Wirkmechnismus einer Methode prinzipiell zweitrangig ist, denn wenn sie wirkt, so tut sie das auch dann, wenn dem Anwender die wahre Ursache verborgen ist. Das eigentliche Erfolgskriterium einer medizinischen Methode ist ihre die Zufallsquote deutlich überrragende diagnostische Zuverlässigkeit bzw. ihre die Placebowirkung signifikant übertreffende Wirksamkeit.


Da es sich beim Leitwert jedoch, wie z.B. auch bei der Körpertemperatur, um einen realen, wenn auch schlecht reproduzierbaren Körperwert handelt, hat das EAV-Diagnoseverfahren aus naturwissenschaftlicher Sicht zumindest Plausibilität. Entsprechendes gilt für die Therapie mit der EAV, denn es wird ein realer physikalischer Reiz gesetzt. Spekulativ ist die Interpretation der Meßwerte und die Ergebnisse der wenigen kontrollierten Studien zur EAV-Diagnose lassen erheblich an ihrer Brauchbarkeit zweifeln. Auch der Beleg einer spezifischen Wirksamkeit der EAV-Therapie durch eine kontrollierte, statistisch abgesicherte Studie steht aus.

Den Verfahren der EAV-Diagnose/-Therapie fehlt somit die Voraussetzung für eine wissenschaftliche Anerkennung. Es erscheint fahrlässig, gravierende therapeutische Maßnahmen allein auf das Resultat einer EAV-Diagnose zu gründen.

1.2 EAV-Medikamenten-/Substanzen-Test
Die Elektroakupunktur erhebt auch den Anspruch, aus der Beeinflussung der Meßwerte durch zusätzlich in den Meßprozeß einbezogene Substanzen einerseits deren Verträglichkeit für den Patienten zu ermitteln , so auch bei zahnärztlichen Materialien. Andererseits soll auf diese Weise auch eine bereits bestehende schädliche Belastung des Patienten mit einer verdächtigten Substanz nachgewiesen werden können. Die eigentliche Diagnose besteht dann im Auffinden des schädlichen Agens mit Hilfe vorgefertigter, in Glasampullen eingeschlossener und in der Regel homöopathisch aufbereiteter Testsubstanzen; entsprechend werden in Aussicht genommene Therapeutika ausgetestet. Dazu werden die Glasampullen in die Bohrungen eines als Wabe bezeichneten Metallblockes gebracht. Dieser Block ist als Nebenschluß zum Patientenmeßkreis geschaltet. Es gibt jedoch auch Varianten, bei denen die Ampulle mit einer sog. Antenne in Kontakt gebracht oder dem Patienten unmittelbar in die Hand gegeben wird. Inzwischen gibt es auch Computer-programme, welche die Wirkung der Testsubstanzen für den Meßkreis simulieren sollen. Die Medikamente-/Substanzen-Tests stellen den Schwerpunkt der EAV-Anwendungen dar.

Die Behauptung der Anwender, daß die in der Ampulle befindlichen und damit elektrisch isolierten Substanzen, ob nun über die Wabe, über die Antenne oder im direkten Kontakt zum Patienten, den Gleichstromkreis der Leitwertmessung beeinflussen können, ist physikalisch unhaltbar. Auch neuere, mit Begriffen der Kybernetik argumentierende Erklärungsversuche -letzlich eine Annäherung an die Vorstellungen der auf dem alternativen Markt ebenfalls sehr erfolgreichen Bioresonanztherapie- wonach die Substanz über Resonanzphänomene mit dem Biofeld des Patienten in Wechselwirkung treten soll, ist pseudowissenschaftlicher Unfug.

Der EAV-Medikamente-/Substanzen-Test ist vor dem Hintergrund unserer derzeitigen, vielfach gesichterten naturwissenschaftlichen Kenntnisse ein a priori irrationales Verfahren.

2. Vega-Test
Beim Vega-Test handelt es ich um eine der zahlreichen Varianten alternativmedizinischer Verfahren zur elektrischen Testung krankhafter Zustände:

Im Handbuch „Die andere Medizin„ [2] wird der Vega-Test ohne weitere Erläuterungen als Spielart der EAV (Seite 308) erwähnt. VEGA-STT (Stoffwechseltest und –therapie) nach B. KÖHLER wird als Variante der Bioresonanztherapie (BRT) aufgeführt (Seite 307).

VISSER [1] verweist auf Meinungsverschiedenheiten zwischen VOLL und seinen Schülern, die insbesondere bei den Anhängern der Bioelektronischen Funktionsdiagnostik (BFD) zu einer Reduzierung der als notwendig erachteten Akupunkturpunkte (> 1000 bei VOLL) führt; so komme die Vegatest-Methode mit nur einem Punkt aus. Vega-Test steht auch für eines der aus dem Meinungsstreit resultierenden unterschiedlichen Verfahren zur Durchführung des Medikamententestes. Allerdings gibt auch VISSER keine näheren Hinweise sondern verweist lediglich auf zwei Quellen [3, 4], die dem Unterzeichnenden jedoch nicht zur Verfügung stehen.

Der Unterzeichnende hat keine ernsten Zweifel, daß die o.a. Ausführungen zur Wissenschaftlichkeit der Elektroakupunktur nach VOLL mutatis mutandis auch für den Vega-Test zutreffen, so daß es sich auch beim Vega-Test um ein a priori irrationales Verfahren handeln dürfte.